Pressemitteilung des Passauer Klimacamps am 8. September 2021
Protest gegen Autowahnsinn
Passauer Aktivist*innen in Präventivgewahrsam
Zwei Passauer Aktivist*innen sind infolge ihres Protests gegen die klimaschädliche Verkehrspolitik der Bundesregierung am Dienstag in der Nähe von München in Gewahrsam genommen worden.
Nachdem sie sich von einer Autobahnbrücke abgeseilt und ein Banner mit der Aufschrift „Block IAA“ gespannt hatten, nahm die Polizei sie fest. Bis Sonntag sind sie nun in Präventivgewahrsam. Am Dienstag war es ihnen in Gewahrsam über Stunden verwehrt worden, ihren Anwalt anzurufen.
Die Proteste am Dienstag, die an mehreren Autobahnen nach München stattfanden, richten sich gegen die Internationale Automobilausstellung, kurz IAA, bei der Autokonzerne ihre Vorstellung von zukünftiger Mobilität präsentieren. Der Verkehrssektor verursacht laut Angaben der Bundesregierung in Deutschland rund 20% der CO2-Emissionen, wovon 96% auf den Straßenverkehr entfallen. Seit 1995 sind die Emissionen im Verkehrssektor nicht gesunken.
„Wir protestieren heute gegen eine verrückte Verkehrspolitik, die Autos ins Zentrum rückt, die Gewinne von Autokonzernen sichert und die IAA, auf der das gefeiert wird. Das alles geht auf Kosten unserer Gesundheit und Sicherheit und der sozialen Gerechtigkeit. Der Klimakrise ist es egal, wie umweltfreundlich sich die Autokonzerne präsentieren. Solange wir nicht weg vom Auto kommen, können wir die Extremwetterereignisse der Klimakrise nicht ausbremsen,“ erklärt Mirjam Herrmann vor der Aktion. „Und solange die Regierung nichts unternimmt, müssen wir den Druck durch solche Aktionen erhöhen.“
„Dieser Protest richtet sich gegen alle Verantwortlichen, die immer mehr Straßen bauen und Autokonzerne die Umwelt und das Klima zerstören lassen. Herr Scheuer kann sich gerne über unseren Protest ärgern, aber wir hören erst auf ihn zu ärgern, wenn er zurücktritt und Fahrradkurier auf einem Lastenfahrrad wird,“ erklärt Kim Schulz vor der Aktion.
Mit 6 Tagen im Gefängnis werden die beiden Aktivistinnen nun ohne Gerichtsverfahren härter bestraft als alle Autokonzernmanager zusammen, die in den Abgasskandal verwickelt waren. Ein Grund für die Aktivistinnen des Klimacamps, weiter für eine gerechte Verkehrspolitik zu kämpfen.
„Solange die Justiz Menschen, die sich für eine gerechte Verkehrspolitik für alle einsetzen, härter bestraft als die Manager von Autokonzernen, die ohne persönliche Konsequenzen die Umwelt massiv zerstören, haben wir die Verkehrswende noch nicht geschafft,“ erklärt Juliane Diehl vom Klimacamp.
Aus Solidarität mit den beiden gefangenen Aktivist*innen ruft das Klimacamp zu Spenden für eventuelle Verfahrenskosten auf. Unter dem Verwendungszweck „Klimacamp Passau Verkehrspolitik“ kann man auf das Konto „Spenden&Aktionen“ mit der Nummer DE29 5139 0000 0092 8818 06 spenden.
Informationen:
Die IAA startete gestern in München. Verschiedene Automobilhersteller präsentieren dort ihre neuen Automodelle. Um gegen Proteste vorzugehen, sind bis zu 4500 Polizist*innen nach München beordert. Es handelt sich um den größten Polizeieinsatz seit 19 Jahren.
Seit dem Inkrafttreten des Polizeiaufgabengesetzes in Bayern gibt es den so genannten Präventivgewahrsam. Die Polizei darf somit Menschen ohne Anklage oder Aussicht auf einen Prozess bis zu zwei Monate gefangen halten, um vermutete Gefahren für die Öffentlichkeit abzuwehren. Obwohl der Präventivgewahrsam als Maßnahme gegen Terroristinnen begründet wurde, wird er nun benutzt, um Demonstrantinnen einzusperren. (https://www.br.de/nachrichten/bayern/drohende-gefahr-neues-polizeiaufgabengesetz-tritt-in-kraft,Sefdzls)
Nach mehreren Stunden, in denen den Gefangenen ein Telefonat mit dem Anwalt ihrer Wahl verwehrt wurde, durfte einer nun seinen Anwalt anrufen. Kontakt zu den Gefangenen besteht über ihre Pflichtverteidiger. Ihnen geht es den Umständen entsprechend gut.